Lebensversicherung

Eine Lebensversicherung ist eine Individualversicherung, die den Tod der versicherten Person wirtschaftlich absichert. „Der Versicherungsfall ist das Erleben eines bestimmten Zeitpunkts (Erlebensfall) oder der Tod des Versicherten während der Versicherungsdauer (Todesfall).
Lebensversicherungen sind Personenversicherungen, da das versicherte Risiko in der Person liegt. Im Lebensversicherungsvertrag wird eine Versicherungsleistung vereinbart, die im Versicherungsfall an den Versicherungsnehmer oder einen anderen Bezugsberechtigten ausgezahlt wird. Im Allgemeinen werden Lebensversicherungen als Summenversicherung abgeschlossen, die Versicherungsleistung wird im Versicherungsfall als Geldleistung erbracht. Die Höhe des durch den Versicherungsfall tatsächlich entstandenen Schadens spielt dabei keine Rolle.
Je nach vertraglicher Vereinbarung kann Tod während einer bestimmten Zeit (Todesfallversicherung), Erleben eines bestimmten Zeitpunktes (Erlebensfallversicherung), der Eintritt schwerer Krankheiten, die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder andere, direkt mit dem menschlichen Leben zusammenhängende Gefahren als Versicherungsfall bestimmt sein und eine Leistung auslösen.
Private Rentenversicherungen gehören ebenfalls zu den Lebensversicherungen. Als Leistung wird eine regelmäßige Zahlung seitens des Lebensversicherers fällig, daher der Name „Rentenversicherung“.
Geschichte
Erste Lebensversicherungen entstanden im antiken Rom, wo „Beerdigungsvereine“ die Bestattungskosten ihrer Mitglieder übernahmen sowie die überlebenden Verwandten finanziell unterstützten. Andere Vorläufer der modernen Lebensversicherungen waren die Tontinen im 17. Jahrhundert in Frankreich. Kaufleute, Schiffseigner und sogenannte Underwriter trafen sich in Lloyd’s Coffee House, dem Vorläufer der heutigen bekannten Versicherungsbörse Lloyd’s of London. Hier wurden durchaus auch Leistungszusagen auf das Leben von Menschen vorgenommen. Auch sonst gab es in England häufig Wetten auf das Leben von Menschen. Dies führte dazu, dass später Lebensversicherungsverträge nur noch abgeschlossen werden durften, wenn ein wirtschaftliches Interesse an dem Überleben des Versicherten nachgewiesen werden konnte.
Es wurden in dieser „Frühzeit“ der Lebensversicherung zwar in Verträgen Leistungen bei Tod oder Erleben von bestimmten Personen vorgesehen, doch geschah dies noch nicht auf systematisch kalkulierter Basis, sondern entweder in Form einer Umlage oder als eine Art Wette.
Solvenz der Versicherer
Lebensversicherungsverträge haben eine gegenüber anderen Verträgen extreme Laufzeit von Jahrzehnten, für die der Lebensversicherer an die einmal vereinbarten Beiträge gebunden ist, gleichgültig wie sich die wirtschaftlichen Umstände und die Lebenserwartung entwickeln. Zudem ist die Absicherung der Hinterbliebenen und der Altersversorgung von besonderer öffentlicher Bedeutung. Daher gelten auch im freien europäischen Binnenmarkt für solche Versicherungsdienstleistungen strenge Regeln, die sicherstellen sollen, dass Lebensversicherer stets in der Lage sind, die einmal übernommenen Verpflichtungen für die ganze Vertragsdauer zu erfüllen.
Hierzu zählt die Vorgabe, dass Lebensversicherer in den Verträgen nur ausreichend vorsichtig gewählte Beiträge für die Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen vereinbaren dürfen. Die Lebensversicherer müssen den Nachweis erbringen können, dass die jeweils vereinbarten Beiträge ein mit den Methoden der Versicherungsmathematik bestimmtes, aktuell bei Vertragsabschluss als ausreichend angesehenes Niveau nicht unterschreiten.
Da die Hauptaufgabe einer Versicherung der Ausgleich von Risiken zwischen einer sehr großen Zahl gleichartiger Risiken ist (Risikoausgleich im Kollektiv), ist Versicherung stets Massengeschäft. Eine Vereinheitlichung aller Verträge ist damit nicht nur ein Gebot der Rationalisierung, sondern vor allem auch eine Notwendigkeit, um die Gleichartigkeit aller Verträge zu erreichen.
Vorzeitige Kündigung und RückkaufswertBearbeiten
Bei einer vorzeitigen Kündigung erhält der Versicherungsnehmer den sogenannten Rückkaufswert. Dieser wird vertraglich vereinbart.
Der Rückkaufswert ist meist in den ersten Jahren wesentlich niedriger als die Summe der bislang eingezahlten Beiträge. Später erreicht er oft den tatsächlichen Vertragswert zum Kündigungstermin oder übersteigt diesen sogar. Eine positive Rendite des eingezahlten Kapitals ergibt sich meist erst nach mehreren Jahren Laufzeit. Grund hierfür ist, dass die Beiträge höher sind, als für die Erbringung der reinen Leistungen benötigt würde. Daher ist der Wert des Vertrages anfangs niedrig im Vergleich zu den anfänglich gezahlten Beiträgen.
Oftmals werden Stornoabschläge vereinbart. Sie werden damit begründet, dass der Lebensversicherer für vorzeitige Abgänge Anlagen höherer Liquidität und entsprechend geringerer Rendite vorhalten muss und daher die angestrebte Fristentransformation nicht idealtypisch realisieren kann. In der Praxis werden diese Leistungen zwar in der Regel aus aktuellen Zahlungsströmen bedient, da dieses Kapital aber dann nicht für Neuanlagen zur Verfügung steht, ist der Schaden kalkulatorisch dennoch entstanden. Ein weiterer Grund liegt in der auftretenden Antiselektion, da die Gefahr besteht, dass vor allem schlechte Risiken im Bestand bleiben. Zudem bedeutet eine vorzeitige Kündigung auch einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
Um die Stornoabschläge der Versicherer zu umgehen und einen höheren als den Rückkaufswert aus der Lebensversicherung zu erzielen, hat sich in England seit dem 19. Jahrhundert, in Deutschland seit Ende der 1990er Jahre der Zweitmarkt für Lebensversicherungen herausgebildet, auf dem die Versicherungspolice von Privatunternehmen gekauft und treuhänderisch bis zum Ablauf weitergeführt bzw. an Investoren weiterveräußert wird. Ein weiterer Vorteil des Verkaufs auf dem Zweitmarkt ist die Beibehaltung eines Rest-Todesfallschutzes, da die Police anders als beim Rückkauf vom Versicherer nicht gekündigt, sondern weitergeführt wird.
Auszahlungs-Arten
Die verschiedenen Lebensversicherungen können alle so gestaltet sein, dass sie im Versicherungsfall entweder zur einmaligen Auszahlung führen (Kapitalversicherung) oder zu einer monatlichen Auszahlung über einen gewissen Zeitraum, meist lebenslang (Rentenversicherung).
Kritische Diskussion
Eine Kapital-Lebensversicherung darf man – unwidersprochen – als legalen Betrug bezeichnen. Der Bund der Versicherten (BdV) hatte im Jahre 1982 zusammen mit der Verbraucherzentrale Hamburg eine Broschüre herausgegeben, in der zu lesen war: „Die Lebensversicherung zur Altersversorgung ist ein „Legaler Betrug“. Diese Kapital-Lebensversicherung ist zu neunzig Prozent überhaupt keine Versicherung, sondern ein langfristiger Sparvertrag mit einer Rendite, die oft unter der Inflationsrate liegt und dann gleich Null ist. (…)“ Der Verband der Lebensversicherungsunternehmen klagte gegen den Bund der Versicherten auf Unterlassung dieser „verletzenden Äußerungen“. Die Klage wurde im Juni 1983 durch Urteil des Landgerichts Hamburg abgewiesen (AZ: 74 047 / 83, LG Hamburg).
Unisex-Tarife
Lebensversicherungen möchten ihre Tarife in Abhängigkeit vom Risiko kalkulieren. Aufgrund der weltweit nachweisbaren und in den relevantesten Altersgruppen wesentlich längeren Lebenserwartung von Frauen liegen deren Beiträge für Lebensversicherungen (Todesfallversicherung) niedriger und für Rentenversicherungen höher als für Männer. Die Pflicht, tatsächlich unterschiedlich teure Verträge zum gleichen Preis anzubieten, könne zu Antiselektionen führen: Versicherern, denen es gelänge, mehr Männer anzuziehen, könnten Rentenversicherungen billiger anbieten, während Versicherer, die mehr Frauen versichern, dies mit Risiko-Lebensversicherungen durchführen könnten. Gegner dieser Forderung verweisen auch auf die Vertragsfreiheit sowie den Umstand, dass es ungerecht sei, dass Männer bei gleicher Beitragssumme eine niedrigere Auszahlungssumme als Frauen erhalten.[4]
Im Rahmen der Gleichstellungsdiskussion wird dagegen gefordert, nur noch Unisex-Tarife (für alle Menschen unabhängig vom Geschlecht) zu erlauben, bei denen keine Beitragsdifferenzierung nach Geschlecht vorgenommen werden darf. Der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2011 entschieden, dass Versicherungen einheitliche Tarife für Frauen und Männer anbieten müssen (Rechtssache C-236/09). Solche Ausnahmeregeln liefen „der Verwirklichung des Ziels der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuwider“.[5]
Transparenz
Lebensversicherungen sind verpflichtet, ihre Kunden sowohl bei Vertragsabschluss als auch während der Laufzeit über wesentliche Eigenschaften und Kosten ihrer Versicherung zu informieren. Verbraucherschützer haben schon seit langem gefordert, hier zusätzliche Angaben vorzunehmen und trotz der Komplexität der Sachverhalte dennoch für eine Transparenz zu sorgen, die es den Versicherten ermöglicht, ihre Interessen zu wahren.
Abschlusskosten/Provision/Rückkaufswert
Dass der Rückkaufswert in den ersten Jahren oftmals wesentlich geringer als die eingezahlten Beiträge ist, ist zwar kalkulatorisch korrekt, stellt jedoch für vorzeitig kündigende Versicherungsnehmer einen schwerwiegenden Verlust dar, der gesellschaftspolitisch sehr bedenklich ist.
In diesem Zusammenhang wird auch kritisiert, dass die Höhe und einmalige Zahlung von Vertriebsprovisionen einen Anreiz für Versicherungsvermittler darstellen kann, Lebensversicherungen am Bedarf des Kunden vorbei allein aus Provisionsinteresse zu verkaufen. Der Vermittler sei demnach ein Verkäufer und kein Berater. Dieses Problem besteht natürlich überall, wo auf Provisionsbasis verkauft wird, beispielsweise bei sehr vielen Bankgeschäften (Kredite, Kapitalanlagen), Kaufgeschäften (Häuser, Autos) oder anderen vermittelten Geschäften (Mietwohnungen). Bei all diesen Geschäften entstehen – soweit die Provision nicht ohnehin von dem Verbraucher selbst zu zahlen war – bei vorzeitiger Beendigung der Geschäfte hohe Verluste (bei Kreditablösung, Verkauf eines Neuwagens oder eines Neubaus nach wenigen Monaten), da letztlich in diesem Fall die Provision wieder hereingebracht werden soll.
Dieses Problem kann beispielsweise durch mehr Transparenz über die Folgen einer frühen Entscheidungsänderung des Verbrauchers (Appell an die Eigenverantwortung) oder durch Aufklärung über die wirtschaftlichen Interessen der Versicherungsvermittler gelöst werden.
Die Zahlung der Abschlussprovisionen hat nichts mit den Vereinbarungen mit den Versicherungsnehmern, auch zum Rückkaufswert, zu tun. Es ist Sache des Versicherers, wann er welche Abschlussprovisionen zahlt und gleichzeitig sicherzustellen, dass er die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Versicherungsnehmer einhält.

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